Eine international ausgerichtete Internet-Plattform, auf der kostenlos literarische Werke veröffentlicht werden, haftet für Urheberrechtsverletzungen von in Deutschland noch nicht gemeinfreien Werken –
dies entschied das OLG Frankfurt a. M. im Urteil v. 30.04.2019, Az. 11 U 27/18.
Sachverhalt
Die Klägerin ist ein Verlag und verklagte eine „non-for-profit-Corporation“ nach US-amerikanischem Recht aufgrund von Urheberrechtsverletzungen. Die Beklagte betreibt eine auch in Deutschland abrufbare Website, auf dieser nach amerikanischem Recht gemeinfreie Werke veröffentlicht werden. Die Werke werden von Dritten freiwillig eingestellt, die für die Beklagte tätig sind. Auf dieser Website sind über 50.000 E- Books kostenlos abrufbar, darunter auch 18 Werke von deutschsprachigen Autoren, die von der Klägerin herausgegeben werden.
Da Inhalte der Webseite in Deutschland abgerufen werden können, ist nach den Regelungen des internationalen Privatrechts, das deutsche Urheberrecht als Recht des Schutzlandes anwendbar.
Das OLG ist der Ansicht, dass die Beklagte ausschließliche urheberrechtliche Nutzungsrechte der Klägerin verletze. Die Klägerin habe nachweisen können, dass ihr in Deutschland an den streitgegenständlichen Werken ausschließliche Nutzungsrechte zustünden. Diese Werke seien nicht gemeinfrei. Nach § 64 UrhG erlischt das Urheberrecht siebzig Jahre nach dem Tode des Urhebers. Die Beklagte hafte für die Urheberrechtsverletzung als Betreiberin der Webseite, da sie sich die Inhalte durch Bezeichnungen wie z.B. „our books“ zu Eigen gemacht habe. Die fehlende Gewinnerzielungsabsicht der Beklagten sei für die unzulässige öffentliche Wiedergabe ohne Bedeutung. Zudem hafte auch der Geschäftsführer der Beklagten für die Urheberrechtsverletzungen, da es sich im vorliegenden Fall um eine Maßnahme der Gesellschaft handeln würde, die typischerweise auf Geschäftsführerebene entschieden werde.
Autorin: Isabelle Haaf