LG Hamburg, Urteil v. 02.10.2014 – Az. 310 O 464/13
Es kommt für die Haftung eines Sharehosting-Anbieters nicht darauf an, ob er positive Kenntnis von einer fremden Urheberrechtsverletzung hat, sondern ob ihm der Hinweis darüber zugegangen ist und er hätte Kenntnis davon erlangen können.
Dies geht aus der Entscheidung des Landgerichts Hamburg hervor.
Überwachungspflicht in spezifischen Fällen
Auch wenn Sharehost-Anbieter (Dienstanbieter im Sinne von §§ 8 bis 10 TMG) für die von Nutzern auf ihre Server hochgeladenen Dateien keine allgemeine Prüfungspflicht haben (§ 7 Abs. 2 S. 1 TMG), kommt ihnen eine Überwachungspflicht in spezifischen Fällen zu. Danach müssen sie nach vernünftigem Ermessen die von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfaltspflicht anwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (Erwägungsgrund 48 der Richtlinie 2000/31/EG, vgl. BGH, Urteil v. 15.08.2013, Az. I ZR 79/12)
Auch wenn den Sharehosting-Anbieter zwar keine anlasslose Prüfpflicht zufällt, entsteht ihm eine solche, nachdem er auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen wird (vgl. BGH, Urteil v. 15.08.2013, Az. I ZR 79/12.
Zeitpunkt der Haftung – „Kenntnis“ i.S.d. § 10 TMG
Für das Entstehen der Handlungspflicht des Sharehosting-Anbieters kommt es nicht darauf an, wann er positive Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. „Kenntnis“ im Sinne des § 10 TMG ist vielmehr dahingehend auszulegen, dass die Kenntnis gegeben ist, wenn dem Anbieter Informationen über die konkrete Urheberrechtsverletzung nach den Grundsätzen des Zugangs von Willenserklärungen gem. §130 Abs. 1 BGB zugegangen sind.
Zugang von Willenserklärungen
Eine Willenserklärung ist grundsätzlich dann zugegangen, wenn sie derart in den Machtbereich bzw. die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist, dass es nur noch an ihm liegt, von ihr Kenntnis zu nehmen, und mit seiner Kenntnisnahme unter normalen Umständen gerechnet werden kann. Besteht für den Empfänger diese Möglichkeit, ist es unerheblich, ob er die in seinen Bereich gelangte Erklärung tatsächlich sofort, gar nicht oder erst nach Ablauf einer gewissen Zeit zur Kenntnis nimmt, weil er etwa durch Krankheit, Urlaub, Haft oder andere besondere Umstände an einer unmittelbaren bzw. zeitnahen Kenntnisnahme gehindert war (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl. 2014, § 130 Rn. 5). Bei einem Sharehosting-Anbieter wird der Hinweis regelmäßig per E-Mail eintreffen, welcher als zugegangen angesehen wird, sobald er auf dem Server der vorgesehen E-Mail Empfangseinrichtung landet.
Autor: Anton Peter
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