Eine Unterlassungsvereinbarung kann wirksam außerordentlich gekündigt werden, wenn deren Zustandekommen einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten zugrunde gelegen hat –
dies entschied der BGH in seinem Urteil v. 14.02.2019, Az. I ZR 6/17.
Sachverhalt
Die Parteien vertreiben über eBay und über Online-Shops Kopf- und Ohrhörer. Der Kläger mahnte die Beklagte im Frühjahr wegen Verstößen gegen das seinerzeit geltende Elektro- und Elektronikgerätegesetz und gegen die in § 3 Abs. 2 S.1 Nr. 4 Elektro- und Elektronikgeräte-Stoff-Verordnung geregelte Pflicht zur Anbringung der CE-Kennzeichnung ab. Daraufhin wurde am 02. Juni 2014 eine strafbewehrende Unterlassungserklärung zwischen den Parteien geschlossen. Am 18. und 20. Juni 2014 erwarb der Kläger bei der Beklagten erneut Kopf- und Ohrhörer und mahnte sie wegen Verstößen gegen die vereinbarte Unterlassungsvereinbarung sowie wegen Wettbewerbsverstößen ab. Es folgten weitere Testkäufe seitens des Klägers im November 2014 und Mai 2015. Der Kläger machte vorinstanzlich vertragliche Ansprüche auf Unterlassung sowie auf Zahlung von Vertragsstrafen i.H.v. 35.700, – EUR geltend. Vor dem anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Beklagte die Unterlassungsvereinbarung außerordentlich mit der Begründung gekündigt, dass das Vorgehen des Klägers rechtsmissbräuchlich sei.
Eine Unterlassungsvereinbarung kann nach § 314 Abs. 1 S. 1 BGB jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.
Der BGH hat entschieden, dass der Umstand, dass ein Unterwerfungsvertrag auf einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung beruht, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung bilde. Die Abmahnung des Klägers sei nach § 8 Abs. 4 UWG rechtsmissbräuchlich. Von einem Missbrauch i.S.d. § 8 Abs. 4 UWG sei auszugehen, wenn das beherrschende Motiv des Gläubigers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde, für sich genommen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele seien. Dies sei nach einer sorgfältigen Prüfung und Abwägung der maßgeblichen Einzelumstände zu entscheiden. Indizien für missbräuchliches Vorgehen können demnach sein, dass die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zu der gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden stehe, der Anspruchsberechtigte die Belastung des Gegners mit möglichst hohen Prozesskosten bezwecke oder der Abmahnende systematisch überhöhte Abmahngebühren oder Vertragsstrafen verlange. Nach Ansicht des BGH stelle auch das Betreiben des „Abmahngeschäfts“ des Prozessbevollmächtigen des Klägers in eigener Regie, allein um Gebühreneinnahmen durch die Verfolgung von Wettbewerbsverstoßen zu erzielen, ein Indiz für missbräuchliches Vorgehen dar.
Zudem hat der BGH entschieden, dass der Kläger auch keine Ansprüche auf Zahlung von Vertragsstrafen für Verstöße gegen die Unterlassungspflichten, die der Beklagte vor dem Wirksamwerden seiner Kündigung begangen hat, wegen dem Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB geltend machen kann. Es sei im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu prüfen, ob das Verhalten des Abmahnenden vor, bei und nach der Abmahnung den Schluss rechtfertige, dass deren Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Dies sei im vorliegenden Fall gegeben, demnach stehe der Einwand des Rechtsmissbrauchs der Geltendmachung der Zahlungsansprüche auch schon vor der Kündigung entgegen.
Autorin: Isabelle Haaf