Das Löschen von rechtlich einwandfreien Beiträgen stellt eine Pflichtverletzung hinsichtlich der vertraglich eingeräumten Nutzungsmöglichkeit und daher ein Verstoß gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen dar –
dies ergeht aus dem Urteil d. Landgericht Bamberg vom 18.10.2018, Az. 2 O 248/18.
SACHVERHALT
Der Verfügungskläger schrieb einen Kommentar zur sog. „Erklärung 2018“, die Gegenstand einer Petition vor dem Bundestag ist, welcher durch den Verfügungsbeklagten gelöscht wurde. Außerdem wurde der Verfügungskläger wegen diesem Beitrag auf der Internetseite facebook.com gesperrt. Die Verfügungsbeklagte beruft sich dabei auf den Verstoß gegen die „Gemeinschaftsstandards“ wegen des Vorliegens einer „Hassrede“. Der Verfügungskläger ist der Ansicht, die Gemeinschaftsstandards von Facebook seien unwirksam und sein Beitrag sei von Art. 5 GG gedeckt, sodass keine Hassrede vorlege.
Das lösen von der vertraglichen Verpflichtung, wie das Zulassen der Nutzung durch Kommentare und das Posten derselben, ist nur unter den wirksamen vertraglich geregelten Vorgaben der Gemeinschaftsstandards, erlaubt.
Nach Ansicht des LG Bamberg besteht zwischen den Parteien ein unentgeltliches Vertragsverhältnis mit gegenseitigen Rechten und Pflichten. Der Verfügungskläger ist insbesondere dazu berechtigt, die Plattform in der Form zu nutzen, dass die Verfügungsbeklagte mit ihrer Plattform eine digitale Infrastruktur zur Verfügung stellt, die es den angemeldeten Nutzern ermöglicht, miteinander zu kommunizieren sowie Inhalte durch Postings oder das Teilen derselben auszutauschen.
Die Nutzungsbedingungen der Verfügungsbeklagten und die damit darin enthaltenen Gemeinschaftsstandards sind nach §§ 305 ff. BGB wirksam. Damit sind das Löschen von Kommentaren und Accountsperrungen zunächst anhand des Vertrages selbst zu messen. Hassrede i.S.d. Ziffer 12 der Gemeinschaftsstandards ist ein direkter Angriff auf Personen aufgrund geschützter Eigenschaften wie beispielsweise nationaler Herkunft, religiöser Zugehörigkeit etc. Ein Angriff liegt demnach bei gewalttätiger oder entmenschlichender Sprache, Aussagen über Minderwertigkeit oder Aufrufe, Personen auszuschließen oder zu isolieren, vor.
Der streitgegenständliche Kommentar enthält nach Ansicht des LG Bamberg keine offensichtlich gewalttätige oder unmittelbar herabwürdigende Sprache. Zwar ließe der Beitrag des Verfügungsklägers eine mehrdeutige Interpretation zu, jedoch wirkt sich die Meinungsfreiheit im Wege der Auslegung immer zugunsten derjenigen Interpretation aus, die für den Verwender günstiger ist. Auch sei eine Straftatbestandserfüllung durch den Beitrag nach Ansicht des Gerichts nicht ersichtlich. Hinzu kommt, dass auch das Petitionsrecht aus Art. 17 GG im vorliegenden Fall zu beachten sei. Nicht-Petitionen, darunter fallen auch Petitionen die gegen das Sittengesetz verstoßen, werden demnach nach dem Petitionsbehandlungsverfahren gemäß Art. 45 c GG ausgesondert. Da der Bundestag die Petition weiterhin behandelt, ist jedenfalls dort nicht von einer Verfassungswidrigkeit ausgegangen worden. Die Verfügungsbeklagte hat demnach die Meinungsfreiheit des Verfügungsklägers nicht hinreichend beachtet und mit ihren Handlungen gegen die Pflicht, das Zurverfügungstellen der Nutzungsmöglichkeiten, aus dem Vertrag verstoßen.
Autorin: Isabelle Haaf