„EINFACHE RECHENOPERATIONEN“ SIND DEM VERBRAUCHER BEIM PREISVERGLEICH ZUMUTBAR
Ein Internethändler, der in der Produktbeschreibung einer Flüssigkeit den Grundpreis „pro 100 ml“ anstatt – wie von der Preisangabenverordnung gefordert – „pro Liter“ angibt, begeht keinen relevanten Wettbewerbsverstoß. So urteilte jedenfalls kürzlich das Oberlandesgericht Hamm ( Urteil vom 10.12.2009, Az. 4 U 156/09).
HINTERGRUND
Jedem ist das Problem bekannt: Wer günstig einkaufen möchte, muss sich die Zeit nehmen, Preise zu vergleichen. Um sicherzustellen, dass von den Verbrauchern die Preise möglichst einfach verglichen werden können, gibt es die Preisangabenverordnung. In § 2 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 dieser Verordnung ist beispielsweise geregelt, dass bei Waren, die nach Volumen verkauft werden, neben dem Endpreis des Produkts auch der Grundpreis pro Liter angegeben werden muss.
Viele Händler halten sich – oft auch aus Unkenntnis – nicht exakt an diese Vorgaben und erschweren damit dem Verbraucher den Preisvergleich.
Mitbewerber und Verbraucherverbände mahnen Verstöße gegen die Preisangabenverordnung oft ab, um die Rechte der Verbraucher einzufordern und unlautere Handlungen eines Mitbewerbers zu unterbinden. Dies gelingt ihnen auch in vielen Fällen.
Das Oberlandesgericht Hamm hat allerdings kürzlich einen Wettbewerbsverstoß abgelehnt, wenn der Verbraucher durch einfaches Kopfrechnen einen Preisvergleich vornehmen kann.
SACHVERHALT
Ein Internet-Händler hatte auf einer Auktionsplattform eine Flasche „Saunaduft Eukalyptus“ (500 ml) zum Preis von 9,90 € zum Kauf angeboten. Der Grundpreis war mit 1,98 € pro 100 ml angegeben.
§ 2 Abs. 3 Satz 1 der Preisangabenverordnung lautet aber: „Die Mengeneinheit für den Grundpreis ist jeweils 1 Kilogramm, 1 Liter, 1 Kubikmeter, 1 Meter oder 1 Quadratmeter der Ware.“
Ein Mitbewerber mahnte daraufhin den Internet-Händler ab und verlangte, es zu unterlassen, den Grundpreis in Milliliter statt in Liter anzugeben.
ENTSCHEIDUNG DES GERICHTS
Das OLG Hamm stellte zunächst klar, dass eindeutig ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung vorliege und dass die Preisangabenverordnung grundsätzlich einen Wettbewerbsverstoß nach § 4 Nr. 11 UWG begründen könne.
Allerdings stelle im vorliegenden Fall die Angabe des Grundpreises „pro 100 ml“ statt „pro Liter“ nur einen Bagatellverstoß dar, der wettbewerbsrechtlich nicht angegriffen werden könne. Der Bagatellverstoß beeinträchtige nicht die Möglichkeit zum Preisvergleich durch den Verbraucher.
Das OLG Hamm argumentierte, dass es Sinn und Zweck der Preisangabenverordnung sei, dem Verbraucher einen Preisvergleich durch klare Preisangaben möglich zu machen und zu erleichtern. Der Preisvergleich sei jedoch auch dann für den Verbraucher ohne Abstriche möglich, wenn er durch einfache Rechnung zum Vergleichspreis gelangen könne. Er müsse schließlich den angegebenen Grundpreis (pro 100 ml) lediglich mit 10 multiplizieren, um den von der Preisangabenverordnung eigentlich geforderten Grundpreis (pro Liter) zu erhalten. Eine solch „einfache Rechenoperation“ sei ihm zuzumuten.
WAS HEIßT DAS FÜR DIE PRAXIS?
Im Ergebnis heißt das: Die Angabe des Grundpreises pro 100 ml statt, wie in der Preisangabenverordnung gefordert, pro Liter stellt keinen relevanten Wettbewerbsverstoß dar. Dies dürfte umso mehr gelten, seit der Gesetzgeber in der UWG-Novelle vom 22.12.2008 die Schwelle für Bagatellverstöße noch höher angesetzt hat, indem er nicht nur eine „nicht unerhebliche“, sondern sogar eine „spürbare“ Beeinträchtigung eines Marktteilnehmers verlangt.
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