– OLG Celle, Beschluss vom 02.02.2010 – WF 17/10 –
Vielen Eltern, die ihre Kinder beim Studium oder bei der Ausbildung finanziell unterstützen, ist oft nicht bewusst, für welchen Zeitraum beziehungsweise für welche Ausbildung sie eigentlich zum Unterhalt verpflichtet sind.
Schon seit einiger Zeit gilt die Regel, dass dem Studierenden oder Auszubildenden Unterhalt nur für die Zeit eines Erststudiums beziehungsweise einer Erstausbildung gewährt werden muss.
Im Zusammenhang mit der aktuellen Umstellung vieler Studiengänge auf Bachelor- und Masterstudiengänge ist nun die Frage aufgetreten, ob ein Masterabschluss, der in Folge eines Bachelorabschlusses absolviert wird, schon als Zweitstudium ohne Unterhaltsverpflichtung oder noch als Erststudium mit Unterhaltsverpflichtung zu betrachten ist. Dies gilt selbstverständlich nur für den Fall, dass nicht bereits zuvor ein anders Studium oder eine Ausbildung durchlaufen wurde.
Das Oberlandesgericht Celle hat sich im Rahmen seines Beschlusses vom 02.02.2010 mit dieser Thematik befasst.
Eine klare Entscheidung diesbezüglich wurde allerdings vom Gericht nicht getroffen, es ist aber eine Tendenz ersichtlich. Diese geht in die Richtung, dass ein Masterstudium in Folge eines Bachelorstudiums im gleichen Studiengang noch als einheitlicher Studiengang und damit gegebenenfalls als Erststudium zu qualifizieren ist.
Diese Tendenz des Gerichtes ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Die Bologna-Erklärung aus dem Jahre 1999, die der Grund für die Umstellung vieler Studiengänge auf Bachelor- und Masterabschlüsse ist, soll unter anderem für vereinheitlichte Verhältnisse in der Europäischen Union sorgen. Dem Bachelorstudiengang wurde dabei ausdrücklich der Rang einer Vorstufe zum nachfolgenden Masterstudiengang beigemessen.
Zwar besitzt ein Student auch nach dem erfolgreichen Abschluss eines Bachelorstudienganges ein abgeschlossenes Studium, das ihm theoretisch den Eintritt in die Berufswelt eröffnet. Aufgrund der Tatsache, dass aber die große Mehrzahl der Bachelorabsolventen auch den Masterabschluss des gleichen Studienganges absolviert und damit qualifizierter sind als reine Bachelorabsolventen, wird ein Bachelorabsolvent es dementsprechend schwer auf dem Arbeitsmarkt haben.
Ein anschließendes Masterstudium erscheint daher stets zweckmäßig; es ist aber in vielen Fällen auch notwendig, um eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu erhalten und sich in Folge auch selbst unterhalten zu können.
In der Rechtsprechung gibt es auch abseits von Bachelor und Master bereits einige anerkannte Fälle, in denen eine ledigliche Weiterbildung und damit eine Erstausbildung angenommen wird.
Dabei ist der Fall relevant, dass nach dem Abitur zuerst eine Lehre absolviert wird, bevor im Anschluss daran ein Studium begonnen wird. Zunächst ist das anschließende Studium strenggenommen eine Zweitausbildung. Für den Fall, dass zwischen der Lehre und dem Studium ein naher fachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, wird allerdings eine bezüglich des Unterhalts einheitliche Ausbildung angenommen.
Ein weiterer Fall einer etwas „konstruierten“ Erstausbildung liegt in der Konstellation, dass zunächst die Schule mit der Mittleren Reife abgeschlossen wird, dann eine Lehre gemacht wird, anschließend die Fachoberschule besucht und dann ein Studium begonnen wird. Diese Komponenten werden dann als einheitliche Ausbildung bewertet, wenn der Unterhaltsberechtigte von Anfang an die Absicht geäußert hatte, nach der Lehre noch die Fachoberschule zu besuchen und dann zu studieren oder wenn die Eltern mit einem entsprechenden Lebenslauf des Kindes rechnen mussten. Ein zeitlicher Zusammenhang ist auch hier Voraussetzung, allerdings kein fachlicher Zusammenhang.
Im Ergebnis bleibt abzuwarten, ob in nächster Zeit weitere Entscheidungen hinsichtlich der Bewertung eines Masterstudiums schon als Zweit- oder noch als Erststudium ergehen werden.
Die Tendenz bewegt sich allerdings, auch im Hinblick auf die anderen Fälle der Konstruktion einer Erstausbildung, die im Grunde einen Erst-Recht-Schluss auch für den Masterstudiengang zulassen, deutlich in Richtung einer Wertung noch als Erststudium und führen somit zum Fortdauer einer Unterhaltsverpflichtung.
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